Europäische Biotech-Schmiede Valneva entwickelt einen Zika-Impfstoff, der auch für Schwangere geeignet ist

Für den perfekten Impfstoff gibt es kein Rezept. Auch wenn die Impfstofftechnologie inzwischen sehr ausgeklügelt ist, müssen die Forscher bei Neuentwicklungen immer wieder feststellen, dass Probieren über Studieren geht. Doch der neue Impfstoff von Valneva kann möglicherweise schon in zwei Jahren bei einem Gesundheitsnotstand zum Einsatz kommen. Das könnte das Leben Hunderter Babys retten.

Bis vor kurzem waren relativ wenige Menschen mit dem Zika-Virus infiziert. Die Kosten für einen Impfstoff gegen die Krankheit werden auf 149 Millionen Euro bis 468 Millionen Euro geschätzt. Daher war ein Zika-Impfstoff nicht auf dem Radar der Pharmaunternehmen. An anderen schweren und potenziell tödlichen Krankheiten, die durch Stechmücken übertragen werden (wie Malaria, Dengue und dem West-Nil-Fieber), erkranken hingegen jedes Jahr Millionen Menschen. Deshalb steht ein Impfstoff gegen diese Krankheiten im Vordergrund. Das änderte sich schlagartig, als in Lateinamerika die Zika-Epidemie ausbrach und der Verdacht bestand, dass Neugeborene von Müttern, die sich in der Schwangerschaft mit dem Virus infiziert hatten, unter Umständen mit Mikrozephalie (verminderter Kopfumfang und Hirnschäden) auf die Welt kommen.

Jetzt hat die Entwicklung eines Impfstoffs hohe Priorität. Vor allem darf der potenzielle Impfstoff – der in der Regel einen abgeschwächten Erreger der Krankheit enthält – das ungeborene Kind nicht schädigen. Valneva will einen Impfstoff entwickeln, der gereinigte und inaktivierte Viruspartikel enthält. Solche „inaktivierten Impfstoffe“ enthalten einen krankheitsverursachenden Erreger wie ein Virus oder Bakterium, das zum Beispiel mit Chemikalien, Wärme oder Strahlen abgetötet wurde. Sie stimulieren das Immunsystem, um den Körper vor der echten Krankheit zu schützen. Das heißt, selbst wenn der Krankheitserreger des Impfstoffs in die Plazenta eindringt, kann er den Fötus nicht infizieren, da er „inaktiviert“ wurde.

Schnellere Markteinführung

Das Biotechnologie-Unternehmen Valneva mit Sitz in Lyon entwickelt Reiseimpfstoffe sowie Impfstoffe gegen vernachlässigte Krankheiten, die in entwickelten Ländern verbreitet sind. Die Entwicklung eines Impfstoffs gegen das Zika-Virus begann anhand eines ähnlichen Verfahrens, wie es für den Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis verwendet wird, den das Unternehmen ursprünglich vom Walter Reed Army Institute of Research, der größten biomedizinischen Forschungseinrichtung des US-Verteidigungsministeriums, einlizenziert hat. Die US-amerikanischen und europäischen Regulierungsbehörden haben den Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis bereits zugelassen. Daher geht Valneva davon aus, dass das Zulassungsverfahren für den Zika-Impfstoff schneller abgeschlossen werden kann. Bisher weist der Zika-Impfstoff des Unternehmens „eine ausgezeichnete Reinheit auf und hat insgesamt ein biologisches, chemisches und physikalisches Profil, das mit unserem kommerziell hergestellten Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis vergleichbar ist“, erklärte Franck Grimaud, stellvertretender Chef von Valneva.

Borreliose-Impfstoff in der Entwicklung

Fortschritte macht Valneva auch bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen:

  • Clostridium difficile, ein ansteckendes Bakterium, das Durchfall auslöst und vor allem in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen vorkommt,
  • die Lyme-Borreliose, eine schwere Infektionskrankheit, die durch infizierte Zecken übertragen wird.

Der Borreliose-Impfstoff von Valneva beruht auf dem Protein OspA, das sich in den Bakterien befindet, die die Zecken infizieren. Bisher gibt es keinen zugelassenen Impfstoff, der den Menschen vor der Lyme-Krankheit schützt. Nach Aussage des Center for Disease Control and Prevention werden allein in den USA jährlich 300 000 Fälle der Lyme-Krankheit gemeldet. Damit ist sie die am häufigsten gemeldete von Zecken übertragene Krankheit. In Europa werden jedes Jahr 200 000 Fälle diagnostiziert. Valneva erhielt kürzlich von der US-Arzneimittelbehörde (FDA) und der belgischen Gesundheitsbehörde die Genehmigung, in den USA und in der EU mit der klinischen Studie der Phase I für seinen Borreliose-Impfstoffkandidaten zu beginnen.

Erfolgsbilanz

Valneva gibt rund 20 Prozent seiner veranschlagten Umsatzerlöse von 2016 für Forschung und Entwicklung aus. Ein Viertel der 400 Mitarbeiter ist im FuE-Bereich tätig. Das Unternehmen meldet jährlich etwa 25 Patente an.

Mit diesem Einsatz hat Valneva bisher zwei Reiseimpfstoffe entwickelt:

  • Ixiaro gegen Japanische Enzephalitis, eine durch Viren hervorgerufene neurologische Krankheit, an der jährlich rund 20 000 Menschen sterben
  • Dukoral zur Vorbeugung von durch ETEC-Bakterien verursachtem Reisedurchfall und gegen Cholera (jährlich bis zu 120 000 Todesfälle)

Beide Impfstoffe von Valneva schützen vor Krankheiten, für die es in Europa keine anderen zugelassenen Produkte gibt. Gegen Japanische Enzephalitis gibt es auch in den USA kein anderes Medikament.

EU-Mittel für Innovationen

Valneva erhielt im Juni 2016 von der Europäischen Investitionsbank ein Darlehen von 25 Millionen Euro. Damit unterstützt die EIB Forschungsmaßnahmen zur Entwicklung von Impfstoffen, unter anderem gegen Borreliose und gegen das Zika-Virus. „Diese innovative Finanzierung wird sich spürbar auf die Gesundheit und das Leben der Bürgerinnen und Bürger in Europa auswirken“, so EIB-Vizepräsident Ambroise Fayolle. „Valneva ist ein Paradebeispiel für ein europäisches Unternehmen: Es entstand durch einen grenzüberschreitenden Zusammenschluss und hat Standorte in Frankreich, Österreich, Schweden und im Vereinigten Königreich“, erklärte Fayolle vor der Vertragsunterzeichnung.