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  • Europäische Investitionsbank und BioVersys unterzeichnen Finanzierungsvereinbarung über bis zu 20 Millionen Euro für die Entwicklung neuer Therapien gegen lebensbedrohliche resistente bakterielle Infektionen
  • Venture Loan wird im Rahmen von „InnovFin – Infektionskrankheiten“ gewährt, einer Fazilität unter Horizont 2020, dem Forschungs- und Innovationsprogramm der Europäischen Union für 2014–2020
  • BioVersys verfügt über eine reichhaltige Produkt-Pipeline in der klinischen Entwicklung, etwa gegen Tuberkulose und Krankenhausinfektionen, z.B. der beatmungsassoziierten Lungenentzündung, die auch bei Covid-19-Intensivpatienten auftritt. Das Portfolio umfasst außerdem präklinische Kandidaten und Folgeprogramme, die allesamt einen hohen medizinischen Bedarf bei Antibiotikaresistenzen adressieren

Die Europäische Investitionsbank (EIB) und die BioVersys AG haben heute den Abschluss einer Venture-Debt-Finanzierung über 20 Millionen Euro bekannt gegeben, die die klinische Entwicklung von Therapien gegen multiresistente bakterielle Infektionen unterstützen soll. Die Mittel fließen in die Forschung und Entwicklung des Pharmaunternehmens, das vielfältige Produkte gegen Antibiotikaresistenzen (AMR) in der Pipeline hat. Durch AMR ist mittlerweile die Mehrzahl unserer Antibiotika unwirksam: Menschen weltweit sind anfällig für ein immer breiteres Spektrum von Infektionen, und das Risiko einer bakterielle Pandemie gilt weithin als sehr hoch.

Das Antibiotikum BV100 von BioVersys könnte den Durchbruch gegen den resistenten Krankenhauskeim Acinetobacter baumannii bringen, dessen Bekämpfung die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hohe Priorität einräumt. Gegenwärtig wird in Studien geprüft, ob das Medikament zur Behandlung der beatmungsassoziierten bakteriellen Lungenentzündung eingesetzt werden kann, die häufig bei Covid-19-Patienten auftritt. Bislang gibt es wenig bis keine wirksame und sichere Therapien für diese Infektion. Aufgrund der Antibiotikaresistenz liegt die Sterblichkeitsrate bei Acinetobacter-baumannii-Infektionen verheerend hoch bei über 50 Prozent. Ein weiteres Produkt in der Pipeline von BioVersys ist BVL-GSK098, ein niedermolekularer Wirkstoff, der derzeit zur Behandlung multiresistenter Tuberkuloseinfektionen getestet wird – mit 1,5 Millionen Sterbefällen pro Jahr eine der zehn Haupttodesursachen weltweit. Sowohl BV100 als auch BVL-GSK098 befinden sich derzeit in klinischen Studien der Phase 1.

„Über Jahrzehnte sind keine neuen Antibiotikaklassen auf den Markt gekommen“, sagte EIB-Vizepräsident Thomas Östros. „Das verursacht gewaltige menschliche und gesellschaftliche Kosten. Wenn es uns nicht gelingt, AMR einzudämmen, werden nicht nur hunderttausende Patienten jedes Jahr daran sterben, sondern auch Millionen Menschen in die Armut rutschen. Ich bin daher sehr froh, dass sich die EIB an der Finanzierung eines Unternehmens beteiligt, das möglicherweise den Schlüssel zur Linderung einiger unserer dringendsten Gesundheitsprobleme hat.“

Mariya Gabriel, EU-Kommissarin für Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend: „Die EU steht im Kampf gegen AMR und die damit verbundenen Herausforderungen an vorderster Front und fördert mit dem EU-Aktionsplan zur Bekämpfung antimikrobieller Resistenzen im Rahmen des Konzepts „Eine Gesundheit“ eine Reihe von Initiativen auf diesem Gebiet. Ein wichtiger Pfeiler des Aktionsplans sind Forschung und Innovation, die neuartige Lösungen und Instrumente zur Prävention und Behandlung von Infektionskrankheiten versprechen. Um die Antibiotikaresistenzen in den Griff zu bekommen, brauchen wir eine Pipeline an neuen Antibiotika. Deshalb freuen wir uns sehr, BioVersys bei seiner Arbeit daran zu unterstützen.“

Marc Gitzinger, CEO und Gründer von BioVersys: „Als erstes Schweizer Biotech-Unternehmen ein Venture Loan von der EIB zu erhalten, ist eine unabhängige Bestätigung der Relevanz und Qualität unserer Produktpipeline. AMR sind von WHO, G7 und G20 weithin als große Gesundheitsbedrohung erkannt. BioVersys entwickelt neuartige Medikamente gegen einige der schwersten Infektionen, die durch resistente Bakterien verursacht werden. Mit den EIB-Mitteln und den 19 Millionen Schweizer Franken aus der kürzlich abgeschlossenen Series-B-Finanzierungsrunde können wir unsere klinischen Entwicklungsprogramme vorantreiben und unsere Position als führender privater Biotech-AMR-Player in Europa weiter stärken.“

Seit der Entdeckung des Penicillins sind Antibiotika ein Eckpfeiler der modernen Medizin. Antibiotikaresistenzen stellen eine ernsthafte Bedrohung für die anhaltende Wirksamkeit dieser unentbehrlichen Arzneimittel dar. Traditionelle Branchenakteure wie große Pharmaunternehmen haben das Feld geräumt und überlassen es jetzt spezialisierten Biotech-Firmen wie BioVersys, Innovationen und neue Produkte für den hohen und bisher ungedeckten medizinischen Bedarf an Mitteln gegen AMR zu entwickeln. Schon jetzt sterben jährlich etwa 700 000 Menschen an therapieresistenten Krankheiten. Wenn wir nicht handeln, könnte diese Zahl laut WHO bis 2050 auf zehn Millionen steigen.

Mit Covid-19 ist es noch dringlicher geworden, neuartige und robustere Antibiotika gegen resistente Bakterien zu entwickeln. Einer der gefürchtetsten resistenten Keime, Acinetobacter baumannii, wird in erster Linie mit Krankenhausinfektionen verbunden. Bakterielle Ko-Infektionen sind ein Hauptgrund für die Morbidität und Mortalität bei Virusinfektionen wie Covid-19. Berichte zeigen, dass eine erhebliche Zahl verstorbener Covid-19-Patienten eine resistenzbedingt nicht behandelbare bakterielle Superinfektion hatte.

BioVersys erhält das EIB-Darlehen in drei Tranchen nach Erreichen vereinbarter Meilensteine. Die Finanzierung wird im Rahmen der Fazilität für Projekte zur Erforschung von Infektionskrankheiten (InnovFin – Infektionskrankheiten) vergeben, die unter dem Programm Horizont 2020 der Europäischen Union eingerichtet wurde. InnovFin – Infektionskrankheiten ist ein Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit der Europäischen Kommission und der EIB in der aktuellen Gesundheitskrise. Über die Fazilität hat die EIB bislang europäische Unternehmen mit insgesamt über 400 Millionen Euro bei der Entwicklung von Medikamenten, Impfstoffen und Diagnostika für Covid-19 und andere Infektionskrankheiten unterstützt.

Hintergrundinformationen

Die EIB

Die Europäische Investitionsbank ist die Bank der Europäischen Union. Sie ist die Einrichtung der EU für langfristige Finanzierungen und die einzige Bank, die den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gehört und europäische Ziele verfolgt. Dabei arbeitet sie eng mit anderen Organen und Einrichtungen der EU zusammen. Die Finanzierung für BioVersys wurde durch eine gemeinsame Initiative mit der Europäischen Kommission möglich: InnovFin – EU-Mittel für Innovationen.

InnovFin – Infektionskrankheiten

Mit der Fazilität InnovFin – Infektionskrankheiten sollen Projekte zur Erforschung von Infektionskrankheiten gefördert werden. Die gemeinsame Initiative der Europäischen Kommission und der EIB-Gruppe ist Teil von Horizont 2020, dem EU-Forschungs- und Innovationsprogramm 2014–2020. Über InnovFin – Infektionskrankheiten kann die EIB Finanzierungen zwischen 7,5 Millionen Euro und 75 Millionen Euro an innovative Unternehmen vergeben, die neue Impfstoffe, Arzneimittel, medizinische und diagnostische Geräte entwickeln oder Infrastrukturen zur Erforschung von Infektionskrankheiten schaffen. Finanziert werden vor allem Projekte, die die präklinische Phase abgeschlossen haben und im nächsten Schritt die klinische Validierung benötigen. InnovFin – Infektionskrankheiten wurde um 400 Millionen Euro aufgestockt, damit die Bank mehr Mittel für den Kampf gegen Covid-19 bereitstellen kann. Der Gesamtbeitrag der EU zur Fazilität über Horizont 2020 wird auf fast 700 Millionen Euro geschätzt.

BioVersys

Die BioVersys AG ist ein im Privatbesitz befindliches Schweizer Pharmaunternehmen, das sich auf die Erforschung und Entwicklung kleiner Moleküle für neue Therapieansätze konzentriert. Sie sollen gegen Antibiotikaresistenzen, aber auch zur zielgerichteten Mikrobiommodulation zum Einsatz kommen. Die preisgekrönte TRIC-Technologie des Unternehmens macht es möglich, Resistenzmechanismen zu überwinden, die Virenproduktion zu hemmen und die Krankheitswirkung schädlicher Bakterien direkt zu beeinflussen. Dies eröffnet neue Möglichkeiten in der Antibiotika- und Mikrobiomtherapie. Damit reagiert BioVersys auf den hohen medizinischen Bedarf an neuen Mitteln gegen lebensbedrohliche resistente bakterielle Infektionen und chronisch entzündliche Mikrobiomerkrankungen. Die am weitesten fortgeschrittenen Forschungsprogramme betreffen Krankenhausinfektionen durch Acinetobacter baumannii (BV100, Phase 1) und Tuberkulose (BVL-GSK098, Phase 1) in Zusammenarbeit mit GlaxoSmithKline (GSK) und einem Konsortium der Universität Lille. BioVersys befindet sich im Technologiepark im aufstrebenden Biotech-Standort Basel.

Bei dieser Finanzierung wurde das Unternehmen von Goetzpartners beraten.