Bayern unterstützt mit einem Risikokapitalfonds Wachstumsunternehmen. Eines davon, OroraTech, will Waldbränden ein Ende bereiten und damit die Erderwärmung verlangsamen

Thomas Grübler war 26, als er mit Freunden einen Minisatelliten für ihr Forschungsprojekt an der Technischen Universität München baute. Sie sahen auch gleich eine praktische Einsatzmöglichkeit: Die schuhkartongroßen Würfel könnten aus dem All die Temperatur auf der Erde überwachen und so Waldbrände als Folge der Erderwärmung erkennen. Das Unternehmen OroraTech war geboren.

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© OroraTech

Thomas Gübler

„Viele Firmen und Investoren glauben, es schadet dem Gewinn, etwas gegen den Klimawandel zu tun“, sagt Grübler, heute 30 und CEO von OroraTech. „Aber das stimmt nicht. Man kann ein Unternehmen so aufbauen, dass es mehr Gewinn macht, wenn es der Umwelt hilft anstatt ihr zu schaden.“

Neue Technologien wie die von OroraTech sind der Schlüssel, um die internationalen Klimaziele zu erreichen und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels zu ermöglichen. Allerdings ist es für erfolgreiche Tech-Start-ups in der Wachstumsphase schwer, das nötige Geld für Forschung und Geschäftsentwicklung zu bekommen. Zum Glück für OroraTech und Unternehmen in einer ähnlichen Situation gibt es in Bayern die Risikokapitalgesellschaft des Freistaats, Bayern Kapital. Sie hat einen 165 Millionen Euro schweren Fonds eingerichtet, der sich an Wachstumsunternehmen beteiligt.

„Wir hoffen, mit dem Fonds große bayerische Unternehmen aufzubauen, vielleicht sogar große deutsche oder europäische Unternehmen, die viele Jobs schaffen und das BIP in Europa steigern“, sagt Monika Steger, die den Wachstumsfonds Bayern 2 bei Bayern Kapital in Landshut verwaltet. „Im besten Fall können wir in Bayern Unternehmen wie die großen amerikanischen Technologieunternehmen aufbauen. Mit der entsprechenden positiven Wirkung auf die Wirtschaft.“

Bayern Kapital hat in über 25 Jahren in mehr als 300 Firmen aus einer Vielzahl von Branchen investiert, darunter Software und Biowissenschaften. Momentan sind über 80 Unternehmen im Portfolio. Das Kapital der Gesellschaft stammt vom bayerischen Staat und im Fall des Wachstumsfonds Bayern 2 auch von der EIB. Bayern Kapital finanziert Unternehmen grundsätzlich gemeinsam mit privaten Investoren. Einige der Beteiligungen haben sich zu großen Unternehmen gemausert. Ein Beispiel ist die Cloud-Commerce-Firma Commercetools, die jetzt ein „Einhorn“ ist – ein privates Start-up mit einer Marktbewertung von über einer Milliarde US-Dollar.

Bayerischer Risikokapitalfonds stemmt sich gegen Braindrain

Risikokapital ist meist die erste Wahl für Wachstumsunternehmen. Allerdings ist es in Europa nicht so breit verfügbar wie in den Vereinigten Staaten und China, sodass diese Firmen langsamer wachsen oder letztlich gar von außereuropäischen Großunternehmen aufgekauft werden. „Risikokapital ist in Deutschland auf dem Vormarsch“, sagt Frederic Klohe, Kreditreferent bei der Europäischen Investitionsbank. „Aber es reicht nicht. Und so kommt es zur Abwanderung.“

Deshalb stieg die EIB im März 2021 mit 50 Millionen Euro in den Wachstumsfonds Bayern 2 ein. Für die Bank der EU war das ein ungewöhnlicher Schritt. Kapitalbeteiligungen übernimmt normalerweise ihre KMU-Tochter, der Europäische Investitionsfonds. Bereits 2019 hatte sich die EIB aber mit 50 Millionen Euro an dem öffentlichen Risikokapitalfonds Coparion beteiligt, hinter dem Deutschland und die KfW stehen. In Bayern hatte die Bank die Rückendeckung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen und kann deshalb wegen der Garantie aus dem EU-Haushalt ein höheres Risiko eingehen.

„Diese Art von Investment stärkt den Gründergeist, der so wichtig ist für eine starke Wirtschaft – und der in Deutschland häufig fehlt“, sagt Michael Raschke, der bei der EIB das für deutsche Banken zuständige Team leitet. „Da sind wir natürlich gerne dabei.“

Der zweite Wachstumsfonds Bayern tritt in die Fußstapfen seines gleichnamigen Vorgängers, der in fünf Jahren 70 Millionen Euro in 23 Start-ups investiert hat. Mobilisiert wurden damit private Mittel von über 350 Millionen Euro.

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Bayerisches Risikokapital für Minisatelliten

Für OroraTech kam die Finanzierung zum richtigen Zeitpunkt. Gerade als die Firma ihr Produkt auf den Markt brachte, schlug Corona voll auf Europas Wirtschaft durch. Trotzdem gelang es OroraTech, online Neukunden in Australien, Südamerika und Kanada zu gewinnen. Und jetzt kann es die nächste Stufe seiner Entwicklung zünden.

OroraTech nutzt für seine hauseigene Software bisher öffentliche Daten der NASA und der Europäischen Weltraumorganisation. Im Januar 2022 sollen allerdings die ersten eigenen Minisatelliten, sogenannte CubeSats, starten. „Die hauseigenen Satelliten runden unser Produkt ab und liefern unseren Kunden mehr Daten“, erklärt CEO Grübler. In fünf bis zehn Jahren will das Unternehmen mit 100 bis 200 Satelliten in der Lage sein, alle halbe Stunde ein vollständiges Bild der Erdoberfläche aufzunehmen.

Diese Satelliten messen dann die Erdtemperatur in sehr hoher Auflösung. Denn die Erderwärmung verursacht zahlreiche Waldbrände und hat somit enorme Auswirkungen auf die Umwelt. Schließlich sind Waldbrände für zehn Prozent der weltweiten CO2‑-Emissionen im Jahr verantwortlich. Das hat auch Folgen für die Gesundheit und Wirtschaft: Die Emissionen setzen Erreger frei, die jährlich 300 000 Menschen töten. Und der Versicherungsschaden durch Waldbrände beträgt 20 Milliarden Euro pro Jahr.

„Unser Unternehmen ist sehr wichtig für uns. Aber wir tun auch etwas, das wichtig ist für alle“, sagt Grübler. „Und das ist der Schutz unseres Planeten.“