Diesen Monat kommen die Führungsspitzen der Welt zur Klimawoche in New York zusammen. EIB-Präsident Werner Hoyer sagt: „Wir müssen jetzt liefern!“

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs und weiterer, miteinander verwobener Krisen kommen diesen Monat die Führungsspitzen der Welt in New York zusammen.

Russlands unprovozierter Angriff hat unvorstellbares Leid über ein friedliches, souveränes Land gebracht und die globalen Energie- und Nahrungsmittelmärkte schwer erschüttert. Zugleich bringen extreme Dürren und verheerende Überschwemmungen Infrastruktur, Stromnetze, Landwirtschaft und Handel an ihre Grenzen.

Die Menschen in der Ukraine leben uns Mut und Beharrlichkeit vor; aber auch die übrige Welt muss die Folgen des Krieges bewältigen: Höhere Preise und wirtschaftliche Unsicherheit treffen vor allem die Schwächsten. In New York werde ich in meinen Gesprächen mit Spitzenkräften aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft dafür plädieren, in dieser schwierigen Lage dreigleisig zu fahren. Das heißt: umbauen, anpassen und liefern.

Umbauen:

Das Dilemma, vor dem wir stehen, ist ein Weckruf für die letzten Verteidiger fossiler Brennstoffe. Es ist auch eine Bestätigung für Organisationen wie die Europäische Investitionsbank, die als eine der ersten die Finanzierung einer Energiequelle eingestellt hat, die maßgeblich in der Hand von Autokraten wie Russlands Präsident Wladimir Putin liegt. Diese Abhängigkeit, die Gift ist für unsere Gesellschaft und unseren Planeten, muss ein Ende haben. Mein zentrales Argument bei der Veranstaltung Forsaken Futures von Project Syndicate ist deshalb auch: Dieser Krieg könnte sich als Schlüsselereignis erweisen, das den Übergang zu sauberer, bezahlbarer Energie beschleunigt.

Von den 62 Milliarden Euro, die die Europäische Investitionsbank in den letzten fünf Jahren im Energiesektor investiert hat, flossen 56,7 Milliarden Euro in erneuerbare Energien, Stromnetze und vor allem in Energieeffizienz. Das sind über 90 Prozent. Wenn in Europa trotz Russlands Erpressung noch das Licht brennt, dann verdanken wir das auch diesen rechtzeitigen Investitionen. Wir sind bereit, jetzt noch mehr zu tun, unsere Ziele höher zu stecken und all unsere Finanzierungsmittel flexibel einzusetzen, um die Dekarbonisierung voranzutreiben.

Kein Zweifel, die Herausforderung ist beängstigend. Die totale Loslösung von Russland und fossilen Brennstoffen, die wir anstreben, erfordert einen radikalen Umbau der europäischen Energiesysteme. Aber wie schon in der Schuldenkrise und der Pandemie: Europa wird diesen Kraftakt stemmen, im Geiste der Solidarität. Wir lassen uns nicht zu Geiseln von Putins Launen machen.

Anpassen:

Bei der Transformation geht es nicht nur um strategische Autonomie. Die letzten Monate haben gezeigt, wie dringend wir die unkontrollierte Erderwärmung stoppen müssen. In Europa trockneten Flüsse aus und verschwanden. Das beeinträchtigte den Gütertransport und die Stromerzeugung von der Wasserkraft bis zur Kernenergie.

Anhaltende Dürren haben rund um den Globus Ernten vernichtet – von Europa bis zum Horn von Afrika, von der Westküste der USA bis China. Weite Teile Pakistans wurden nach sintflutartigen Regenfällen überflutet, die zig Millionen Menschen ins Elend stürzten.

All dies bestätigt nur, dass manche Folgen früherer Versäumnisse beim Klima- und Biodiversitätsschutz nun unausweichlich sind. Meine Botschaft auf dem Weltbiodiversitätsgipfel und der New Yorker Klimawoche wird sein: „Wir haben keine andere Wahl, als uns – viel schneller als gedacht – an einen Planeten anzupassen, der heißer und unwirtlicher wird.“

Deshalb verdreifacht die Europäische Investitionsbank bis 2025 ihre globalen Finanzierungen für die Klimaanpassung und hilft Europa und Entwicklungsländern, sich auf das vorzubereiten, was auf uns zukommt. Schon heute prüfen wir alle unsere Projekte darauf, ob sie extremen Wetterbedingungen und der Erderwärmung standhalten.

Liefern:

Noch ist es nicht zu spät, das Schlimmste zu verhindern. Es gibt Lösungen, und wo sie noch fehlen, müssen wir welche finden und in der Breite umsetzen.

Weltweit haben wir große Fortschritte in der Nutzung erneuerbarer Energien gemacht: Der Inflation Reduction Act in den Vereinigten Staaten und RepowerEU sind die jüngsten Beispiele dafür, dass die Politik handelt. Aber wir müssen noch einen Schritt weitergehen. Neben den leicht erreichbaren Dekarbonisierungszielen, wie Elektroautos, sollten wir deutlich mehr auch in Sektoren investieren, die ihre Emissionen nur schwer drücken können, etwa die Schwerindustrie und die Luft- und Schifffahrt.

Die Europäische Investitionsbank fördert schon lange mit Erfolg Erfindungen und Innovation. Wir haben Offshore-Windparks finanziert, als die Technologie noch in den Kinderschuhen steckte, und zuletzt die Entwicklung bahnbrechender Coronaimpfstoffe in Rekordzeit.

Jetzt müssen wir das Gleiche wieder tun und zusätzliche Gelder für innovative Technologien bereitstellen – zum Beispiel für grünen Wasserstoff in Sektoren, wo echte CO2-arme Alternativen bislang fehlen. Die Europäische Investitionsbank begrüßt daher die Vorschläge von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zur schnelleren Entwicklung von grünem Wasserstoff.

Der Schlüssel zu Innovation ist Wissen – das ist meine Botschaft auf dem UN-Bildungsgipfel „Transforming Education“. Auch im Bildungssektor ist die Europäische Investitionsbank einer der weltweit größten Geldgeber mit einer langjährigen Erfahrung, auf die wir stolz sein können. Sie reicht von Kitas über Grund- und Sekundarschulen bis hin zu Hochschulen, Ausbildungs- und Forschungszentren. Mit unserer Arbeit verbessern wir die Kapazität und Qualität von Bildungssystemen in EU-Ländern wie Spanien, Schweden und Belgien, aber auch der Ukraine, Marokko, Montenegro und anderen Ländern weltweit. Damit tragen wir dazu bei, dass Menschen eine gute Ausbildung erhalten und bei Bedarf umschulen können, um sich für künftige An- und Herausforderungen zu rüsten, wie etwa den Klimawandel.   Gemeinsam mit unseren Partnern stehen wir bereit, die Lehren aus der Pandemie zu ziehen, um das Bildungswesen erfolgreich zu transformieren.

Kurzum: Wir kämpfen an vorderster Front für eine nachhaltigere Zukunft.

Wir waren unter den Ersten, die der Ukraine in der Stunde der Not Hilfe anboten. Genauso sind wir jetzt vorne mit dabei, wenn es gilt, mit vereinten Kräften die nächsten Herausforderungen zu bewältigen. Wir haben grüne Anleihen an den globalen Kapitalmärkten eingeführt und mRNA-Impfstoffe finanziert. Genauso fördern wir jetzt Lösungen für den Umbau unserer Volkswirtschaften. Wir haben Finanzierungen in Rekordhöhe vergeben, damit Europa die Pandemie übersteht und sich davon erholt. Das Gleiche tun wir jetzt, damit Europa gestärkt aus dem Sturm hervorgeht.

Wir müssen jetzt liefern und unseren Worten Taten folgen lassen. Die Europäische Investitionsbank wird ihren Teil dafür tun!