Die E-Mobilität kommt schneller voran als viele glauben – und das ist gut für das Klima

 

QEV – drei Buchstaben, die für zwei Dinge stehen: Rennsport und Innovation.

Einer der Gründer von QEV ist der frühere Formel-1-Rennfahrer Adrián Campos, und auch heute noch entwickelt das in Barcelona ansässige Unternehmen Rennsporttechnologie für Wettbewerbe wie die Formel E, die elektrische Version der Formel 1. Doch seit Kurzem konzentriert sich QEV auf ein eher unspektakuläres Fahrzeug: den Minibus. Vor allem auf die berüchtigten Dieselschlucker, die in vielen Großstädten von Entwicklungsländern zu finden sind.

Die Idee ist einfach: QEV entwickelt und liefert den kompletten Antrieb (also den Motor und andere Antriebskomponenten) für ein Elektrofahrzeug plus Batterie. Den Aufbau machen dann einheimische Bushersteller.

„Die Bushersteller bauen im Grunde die Karosserie für das Fahrwerk“, erklärt Miguel Valldecabres, der CEO von QEV. „Wir bieten ihnen eine kostengünstige elektrische Plattform, mit der sie weitermachen können wie bisher: Sie setzen also einfach ihren Bus oben drauf.“

Auf den Philippinen arbeitet QEV mit seinem lokalen Partner Global Electric Transport daran, die bunten Jeepney-Kleinbusse zu ersetzen – das öffentliche Verkehrsmittel des Landes. Die Regierung will die rund 220 000 Dieselfahrzeuge nach und nach aus dem Verkehr ziehen. Die ersten Exemplare davon waren umgebaute Militärfahrzeuge, die die USA nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgelassen hatten.

Doch nicht nur Manila, eine der Städte mit der höchsten Luftverschmutzung weltweit, setzt auf E-Mobilität. QEV soll auch 150 Busplattformen nach Lima (Peru) liefern und will in Malaysia und Indonesien Fuß fassen. Die Europäische Investitionsbank unterstützt QEV mit 17 Millionen Euro.

Nach Ansicht von Valldecabres wird der Umstieg auf Elektrofahrzeuge schneller gehen, als viele glauben: „Das wird keine zehnjährige Umstellungsphase, sondern eine dreijährige Revolution.“

E-Mobilität im Aufwind

Revolutionen erleben Höhen und Tiefen. Das gilt auch für den elektrischen Verkehr. Die Branche steht vor enormen Herausforderungen: die hohen Kosten der Elektrofahrzeuge, ihre begrenzte Reichweite und die fehlende Ladeinfrastruktur. Trotz stark steigender Verkaufszahlen bei Elektroautos in Europa – plus 45 Prozent im Jahr 2019 – bleibt ihr Marktanteil gering.

„Es war ein schwerer Start, doch mittlerweile steigen die Umsätze jedes Jahr um fast 50 Prozent“, freut sich Stéphane Petti, Spezialist für innovativen Verkehr bei der EIB. „Der Trend zeigt klar nach oben.“

Ein Katalysator, um dem Elektroauto zum Durchbruch zu verhelfen, sind Leasingunternehmen. Rund 15 Prozent der Neufahrzeuge in Europa werden geleast. Daher greift die Europäische Investitionsbank dem größten Automobil-Leasingunternehmen Europas, ALD Automotive, mit 250 Millionen Euro unter die Arme. ALD will mit dem Geld 15 000 Elektrofahrzeuge anschaffen. Bis Ende 2020 soll die grüne Flotte des Unternehmens von 118 000 (Stand: Mitte 2019) auf 200 000 Fahrzeuge erweitert werden.

Für ALD ist dieser Schritt riskant. Leasingunternehmen sind stark vom Wiederverkaufs- oder Restwert der Fahrzeuge nach Leasingende abhängig. Doch der Markt für Elektrofahrzeuge ist noch jung. Stéphane Petti: „Wenn ich ein Auto für 40 000 Euro kaufe, ist die Frage, wie viel ich dafür nachher noch bekomme: 25 000 Euro? 15 000 Euro? Wenn ich mit meiner Prognose falsch liege, bin ich schnell raus aus dem Geschäft.“

Schritt für Schritt zur E-Mobilität

Der europäische Markt für Elektroautos kommt im Vergleich zu anderen Märkten wie etwa China nur langsam voran. Durch die schleppende Entwicklung und den Mangel an entsprechender Infrastruktur sind bislang nur wenige Elektromodelle im Angebot. „Viele Jahre lang haben die Autohersteller jeder für sich an ihren eigenen kleinen Vorzeigeprojekten gearbeitet, sodass keine Dynamik aufkam“, weiß Aris Pofantis, leitender Ingenieur in der Abteilung Innovation und Wettbewerbsfähigkeit der EIB. Nun haben sie gemerkt, dass sie bei den E-Autos wesentlich mehr tun müssen, wenn sie die Vorschriften für CO2-Emissionen einhalten wollen. „Sogar anfangs zurückhaltende Hersteller nehmen jetzt viel Geld in die Hand“, erklärt Pofantis.

Nach Ansicht von Petti dürften in den nächsten zwei bis drei Jahren 200 neue Modelle auf den Markt kommen. „Durch die größere Auswahl werden auch die Verkaufszahlen weiter steigen.“

Der letzte Schritt zur E-Mobilität – die Ladeinfrastruktur – dürfte der schwierigste sein. Zwar gibt es mittlerweile deutlich mehr Ladestationen in der Europäischen Union, aber das Netz muss noch stark ausgebaut werden, wenn sich das Elektroauto wirklich durchsetzen soll.

Die Europäische Investitionsbank hat in den letzten zwei Jahren mehrere Projekte mit Unternehmen wie Allego, Greenway, BeCharge und Enel X auf den Weg gebracht und fördert den Ausbau der Ladeinfrastruktur mit insgesamt 200 Millionen Euro. Das EU-Ziel von einer Million Ladestationen bis 2025 entspricht Investitionen von knapp zehn Milliarden Euro, verrät Petti. Doch was nach viel Geld klingt, ist seiner Einschätzung nach nur ein Tropfen auf den heißen Stein, gemessen an dem, was für die europäische Verkehrsinfrastruktur insgesamt erforderlich ist.

Mobilität als Dienstleistung

Jeden Tag kommen neue Verkehrslösungen auf den Markt – die meisten davon sind elektrisch. Sogar das Fahrrad wird zum E-Bike. Der kleine deutsche Hersteller Fazua hat einen kompakten Elektroantrieb für Fahrräder entwickelt, der nur 3,3 Kilogramm wiegt. Er hält die Räder schlank und macht sie mobiler. Die Bank hat 2019 einen Kredit über zwölf Millionen Euro an Fazua vergeben.

Für junge Menschen gibt es heute neben öffentlichen Verkehrsmitteln zahlreiche andere Fortbewegungsmöglichkeiten: Bike- und Car-Sharing, Miet-Scooter oder auch das Rennrad mit E-Antrieb. Anders als ihre Eltern haben sie wenig Interesse, ein Auto zu kaufen. Sie sehen das Auto als Dienstleistung, für die sie bezahlen – nicht als etwas, das sie besitzen wollen. „Ihnen geht es einfach darum, von A nach B zu kommen“, sagt Aleksandar Mihajlovic, der für QEV verantwortliche Kreditreferent der EIB. „Mobilität als Dienstleistung – das ist die Zukunft.“

Lesen Sie auch unseren Essay darüber, wie die Elektromobilität auf dem Weg in eine CO2-arme Zukunft hilft.