Italienisches Medizintechnikunternehmen entwickelt neues Gerät, um hundert Jahre altes Verfahren sicherer zu machen

Die Angiografie ist ein in den 1920er-Jahren entwickeltes Verfahren zur Untersuchung von Blutgefäßen. Es wurde seither zwar vielfach optimiert, die Vorgehensweise ist jedoch gleich geblieben:

Patientinnen und Patienten wird ein jodhaltiges Kontrastmittel injiziert. Das macht das Blut für Röntgenstrahlen „sichtbar“ und ermöglicht so die bildgebende Diagnostik von Gefäßerkrankungen.

Nachteil: Kontrastmittel auf Jodbasis können die Nieren schädigen und manchmal auch allergische Reaktionen auslösen. Besonders gefährlich sind sie für Personen mit eingeschränkter Nierenfunktion. Die kontrastmittelinduzierte Nephropathie gilt als dritthäufigste Ursache für im Krankenhaus erworbenes akutes Nierenversagen.

Weniger riskante Alternative

Tagtäglich unterziehen sich allein in Europa etwa 100 000 Menschen einer Angiografie. Die dabei eingesetzten jodhaltigen Kontrastmittel bergen jedoch hohe Risiken. Es gibt zwar Alternativen, aber die sind bislang schwer zugänglich und manchmal gefährlich. Das italienische Start-up Angiodroid will das ändern. Sein alternatives Diagnoseverfahren ist weniger riskant und kommt ohne Jod aus.

„Wir haben den ersten automatischen Injektor für die Angiografie mit CO2 entwickelt. Er ist einfach zu bedienen, digital, sicher und verursacht keine Nierenschäden“, sagt Lorenzo Casadei, bei Angiodroid für Geschäftsentwicklung und Marketing zuständig.

Das Gas wurde schon früher als Kontrastmittel benutzt. Sein Einsatz war jedoch mit den verfügbaren Techniken schwierig und auch mit Risiken verbunden. So konnte etwa versehentlich Luft in eine Vene gelangen, was sehr gefährlich ist.

Bei dem Gerät von Angiodroid ist das ausgeschlossen.

Das Konzept entstand 2011. Seine ersten Prototypen entwickelte das Unternehmen in Zusammenarbeit mit der Abteilung für experimentelle, diagnostische und Spezialmedizin des Universitätsklinikums Sant'Orsola in Bologna. Mit dem Gerät lässt sich die CO2-Injektion in die Blutgefäße präzise steuern. Das Gas bildet im Blut winzige Bläschen, die sich schnell auflösen und kurz nach Abschluss der Bildgebung absorbiert werden.

Angiodroid wurde 2013 gegründet. 2014 waren bereits 30 seiner CO2-Injektoren in Italien und anderen europäischen Ländern im Einsatz.

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© Angiodroid

Weltweite Expansion geplant

Inzwischen nutzen das Gerät weltweit mehr als 550 Krankenhäuser, zumeist in Europa. Mehr als 60 000 Patientinnen und Patienten wurden bislang mit dem CO2-Injektor untersucht, der neben der CE-Kennzeichnung 32 weitere internationale Zertifizierungen erhalten hat.

Angiodroid gehörte 2021 zu den Finalisten des Wettbewerbs für Soziale Innovation. Damit fördert das EIB-Institut kreative Projekte, die Lösungen für ökologische und gesellschaftliche Probleme bieten. Das Unternehmen wurde auch in anderen Wettbewerben ausgezeichnet.

Derzeit läuft das Zertifizierungsverfahren in den Vereinigten Staaten, die 35 Prozent des Weltmarktes ausmachen. Das Unternehmen sieht auch China als künftigen Markt. Größtes Hindernis für den breiteren Einsatz des CO2-Injektors ist die „Macht der Gewohnheit“: Jodhaltige Kontrastmittel sind seit vielen Jahrzehnten Standard, und die Krankenhäuser scheuen vor einer Umstellung zurück.

„Wenn wir die Technologie vorführen können, sind die Ärzteteams begeistert. Die Vorteile liegen klar auf der Hand. Wir müssen sie ihnen nur zeigen”, so Lorenzo.

Das Unternehmen will das Gerät bei möglichst vielen Patientinnen und Patienten einsetzen, um ihre Nieren zu schonen und so Leben zu retten.

„Wir sind zuversichtlich, dass diese Technologie künftig der Standard bei Angiografien wird“, sagt Lorenzo.