uropas größtes Solarenergieprojekt macht fossil befeuerten Kraftwerken Konkurrenz und liefert Solarstrom für Afrika

Erneuerbare-Energien-Projekte liefern Strom, aber das ist längst noch nicht alles: Sie ersetzen auch die Formen der Stromerzeugung, die die globale Erwärmung mitverursachen.

Das Solarkraftwerk Cestas, das diese Woche den Betrieb aufnimmt, versorgt mindestens ein Drittel der Einwohner im nahegelegenen Bordeaux mit Ökostrom. Es verfügt über eine Million Solarmodule und ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einer klimafreundlichen Energieversorgung. Cestas ist die erste große Fotovoltaikanlage, die fossil befeuerten Kraftwerken ernsthaft Konkurrenz machen kann.

Für diesen Erfolg hat die Fotovoltaikbranche lange gekämpft, wie auch andere Branchen, in denen erneuerbare Energien erschlossen werden. In den 1990er Jahren und größtenteils noch im ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends verlief ihr Wachstum eher schleppend. Technische Entwicklungen und zunehmende Größenvorteile haben mittlerweile aber zu einem Boom geführt. Die Solarleistung hat sich seit 2009 verneunfacht.

„Cestas ist das erste große Fotovoltaikprojekt, das mit Strom aus fossilen Brennstoffen konkurrieren kann“, erklärt David González García, Senior Engineer in der EIB-Abteilung für erneuerbare Energien und Forschung und Entwicklung im Energiebereich. „Die Kosten sind in den letzten 15 Jahren gesunken. Heute gibt es ein größeres Angebot, die Standardisierung hat zugenommen und die Größenvorteile sind enorm.“

Der nächste Schritt: Offshore-Windkraft und konzentrierte Solarenergie

Die Europäische Investitionsbank hat Fotovoltaikprojekte von Anfang an unterstützt und oft Finanzierungen für Vorhaben bereitgestellt, für die sich nicht genügend private Investoren fanden. Auf diese Weise hat sie die Forschung finanziert, die die Branche letztlich wirtschaftlich tragfähig machte. Die Bank fördert aber auch Erneuerbare-Energien-Projekte in Branchen, die noch nicht so weit entwickelt sind. Beispielsweise stellt sie umfangreiche Mittel für Offshore-Windparks im Vereinigten Königreich, in Deutschland und in Belgien bereit und unterstützt auch das gigantische Solarkraftwerk in Ouarzazate (Marokko), das CSP-Technologie einsetzt und 2016 den Betrieb aufnehmen soll. Offshore-Windkraft und konzentrierte Solarenergie (CSP) machen derzeit noch einen relativ kleinen Teil der weltweiten Stromproduktion aus. Die Fotovoltaik hat ihnen allerdings vorgemacht, wie es geht.

In Cestas, einer Stadt mit 16 000 Einwohnern zwischen Bordeaux und der Atlantikküste, kann es im Sommer bis zu 42 Grad heiß werden, und die Sonne scheint reichlich. Hier baute vergangenes Jahr das Erneuerbare-Energien-Unternehmen Neoen die größte Fotovoltaikanlage in ganz Europa. Die Solarmodule befinden sich auf einem Gelände so groß wie 600 Fußballfelder. Ihre Stromerzeugungskapazität entspricht einem Drittel eines französischen Kernkraftwerks, und die Module erzeugen ihren Strom ganz ohne ökologische und politische Risiken.

Die Cestas-Betreiber haben einen Abnahmevertrag mit Electricité de France abgeschlossen. So sind die Einnahmen zusätzlich gesichert. „Da durch den größeren Markt auch noch die Preise für Solartechnologie gefallen sind, ist die Fotovoltaik heutzutage wirklich konkurrenzfähig“, sagt Céline Lauverjat, Investment Director bei Mirova Renewable Energy Funds in Paris. „Das ist eine Sternstunde für die Branche.“

Der Beteiligungsfonds Mirovas Eurofideme III mit einem Volumen von 180 Millionen Euro hat 30 Millionen Euro an Fremd- und Eigenkapital zu dem 285-Millionen-Euro-Projekt Cestas beigesteuert. Wie stark das Engagement der EIB für die Fotovoltaik parallel zur Entwicklung der Branche zugenommen hat, lässt sich auch an ihrem eigenen Finanzbeitrag zum Eurofideme III-Fonds messen, über den sie eine Eigenkapitalbeteiligung am Projekt Cestas übernommen hat. (Außerdem hat die EIB einer französischen Bank, die das Projekt finanziert, 42 Millionen Euro geliehen.)

Weniger ist manchmal mehr

Die Zukunft der Fotovoltaik liegt nicht ausschließlich in Großprojekten in Industrieländern. Die Fotovoltaik hat gegenüber einigen anderen Erneuerbare-Energien-Technologien einen Vorteil: Sie kann auch in kleineren Anlagen eingesetzt werden. Kaum jemand wird sich eine 90 Meter hohe Windturbine in den Garten stellen, aber ein paar Solarmodule auf dem heimischen Dach sind kein Problem. Diese Anpassungsfähigkeit macht die Solarenergie für abgelegenere Gegenden, die noch keine Stromversorgung haben, sehr attraktiv.

„Die Solarkraft boomt dort, wo es kein Stromnetz gibt“, so Dr. Sophie Jablonski, Ingenieurin in der Abteilung Energieeffizienz und kleine Energieprojekte in der Direktion Projekte der EIB. „In afrikanischen Dörfern gibt es sonst nur Kerosinlampen. Aber die sind sehr teuer und setzen giftige Dämpfe frei.“

Die EIB plant, 14 Millionen Euro für zwei Solarprojekte in Afrika bereitzustellen. Seit in Europa große Solarkraftprojekte durchgeführt wurden, sind Solarmodule deutlich preiswerter geworden. Mittlerweile können sich sogar einzelne Haushalte in abgelegenen Gebieten eine Solaranlage leisten. „Je mehr Fotovoltaikprojekte in der Größenordnung der Anlage in Bordeaux gebaut werden, desto stärker wirkt sich das auf die Kosten der Ausrüstung aus, die in China produziert wird“, erklärt Michael Gera, Managing Partner bei dem Fonds Energy Access Ventures, der von der EIB gefördert wird. „Ein Großprojekt in Bordeaux bringt am Ende auch Vorteile für kleine Projekte in Afrika.“

Beispiele für solche Projekte sind:

  • Pamiga (Participatory Microfinance Group for Africa): Die EIB stellt vier Millionen Euro für einen Fonds bereit, der seinerseits Mikrofinanzanbieter in ländlichen Gegenden Afrikas unterstützt. Die Mikrofinanzierer vergeben Kredite für den Kauf von Solarkits (und für Investitionen in Bewässerungsanlagen und die Trinkwasserversorgung). Der Fonds wird in mehreren afrikanischen Ländern tätig sein, darunter Benin, Burkina Faso, Kamerun, Kenia, Madagaskar, Senegal, Tansania und Togo.
  • Energy Access Fund: Die EIB hat zehn Millionen Euro in den Fonds investiert, der Darlehen an Start-up-Unternehmen vergibt, die in Ostafrika den Zugang zu Energie ermöglichen. Sein Ziel ist es, eine Million Menschen mit niedrigem Einkommen in ländlichen und teilweise urbanisierten Gebieten Afrikas südlich der Sahara an eine zuverlässige Stromversorgung anzubinden.

„In Afrika müssen Mikrofinanzierungen ‚grün‛ und ‚inklusiv‛ sein, damit sie dem Anspruch einer nachhaltigen und verantwortungsvollen Kreditvergabe genügen“, sagt René Chao-Béroff, General Manager bei Pamiga. „Die Solarkraft ist für diesen grünen Mikrofinanzsektor sehr wichtig.“

Die Erderwärmung kennt keine Landesgrenzen. Zum Glück für die Energieverbraucher in Bordeaux und Benin gilt das auch für die Sonne.