Risiken managen, Partnerschaften aufbauen und Chancen ergreifen – darum geht es der EIB beim Klimagipfel COP28
In wenigen Tagen leite ich die EIB-Delegation bei der diesjährigen Weltklimakonferenz. Eines habe ich in den letzten zwölf Jahren an der Spitze dieser Institution gelernt: Das Bankgeschäft unterscheidet sich gar nicht so sehr von der Außenpolitik, in der ich zuvor lange beruflich unterwegs war. Im Kern geht es bei beiden darum: Risiken managen, Partnerschaften aufbauen und Chancen ergreifen.
Dieses Jonglieren zwischen den Risiken der Untätigkeit, den Handlungschancen und den Partnerschaften, die es für den Erfolg braucht, bestimmt auch das Vorgehen der EIB beim Klimaschutz. So prägt es unsere Beiträge auf dem Klimagipfel in Dubai und unsere Konzepte, die wir dort vorstellen.
Als beharrlicher Optimist möchte ich mit den Chancen beginnen:
Der Ausbau sauberer Energien hat sich in einem Maße beschleunigt, das bis vor Kurzem undenkbar schien. Sinkende Kosten und stetige Innovation haben das möglich gemacht. Investitionen etwa in Wind- und Solarkraft übersteigen heute die Ausgaben für Öl und Gas bei Weitem, und der Abstand wird sich künftig noch vergrößern. Das „rapide, nichtlineare“ Wachstum bei Wärmepumpen und Elektrofahrzeugen ist ebenfalls beeindruckend und übersteigt auch die verwegensten Schätzungen des vorherigen Jahrzehnts.
Neue Chancen
Diese Energierevolution schafft neue Chancen. Deshalb haben wir bei der EIB unsere Kredite für grüne Energie auf ein Rekordvolumen erhöht, und wir sehen im Markt einen unstillbaren Appetit auf noch mehr. Mit unserem Beschluss von 2019, keine fossilen Energien mehr zu fördern, gaben wir dem Markt im Grunde die Richtung vor.
Was dies bedeutet, habe ich kürzlich in einer Rede bekräftigt, auf einer Konferenz in Paris, die wir gemeinsam mit der Internationalen Energieagentur ausgerichtet haben. Deren jüngste Projektionen zeigen, dass wir uns demnächst vielleicht mit fossiler Infrastruktur „überschwemmt“ sehen, die die Welt nicht mehr braucht. Mit anderen Worten, jetzt ist konkret messbar, was die EIB seit Jahren sagt: Investitionen in fossile Energie werden als Investitionsruinen enden.
Der Wandel, der im Gange ist, hat eine neue Welle menschlicher Innovation ausgelöst. Die EIB finanziert erstaunliche neue Technologien, von grünen Wasserstoffbatterien über autonome Solarflugzeuge bis hin zu Anlagen, die Altspeiseöle in saubere Energie umwandeln.
Das alles ist erst der Anfang und ein Grund zum Feiern – vor allem in Europa. Nach und nach ersetzen wir Brennstoffe aus Überresten toter Dinosaurier durch die Energie von Sonne und Wind. Damit entziehen wir fremden Mächten ihren Einfluss auf die Energieversorgung der Europäischen Union und schaffen uns zudem die Möglichkeit, Energiepreisschwankungen zu entgehen.
Bessere Luft
Bei alldem geht es nicht nur um Geopolitik oder Zahlen. Der Ausbau grüner Energie befreit unsere Städte, Meere, Böden und Atemluft von giftigen Stoffen, die Jahr für Jahr Millionen Menschenleben verkürzen. Dank immer strengerer Umweltvorschriften – hier in Europa, aber auch weltweit – sinkt das Risiko, dass die Welt im fossilen Smog und Müll erstickt.
Denn darum geht es letztendlich bei dem Treffen von Politik und Wirtschaft in Dubai: um unser Erbe – welche Welt wir unseren Kindern hinterlassen.
Das bringt mich zu meinem zweiten Punkt, den Risiken.
Wie alle revolutionären Veränderungen wird die Energiewende etablierte Wirtschaftsmodelle aushebeln. Nicht alle haben die finanziellen und technischen Mittel, um die Welle zu reiten. Das gilt für die am wenigsten entwickelten Volkswirtschaften, wo es schwierig ist, Kredite zu erhalten. Aber es gilt auch für Schwellen- und reichere Länder, wo viele die nötigen Investitionen nicht stemmen können. Manchen Branchen fällt es schwer, sich anzupassen und ihr Geschäftsmodell zu ändern. Wenn wir bei der Dekarbonisierung ungleich und damit unzureichend vorankommen, werden wir alle scheitern.
Kosten und Nutzen
Die Position der EIB beim Weltklimagipfel in Dubai ist deshalb: Eine Zusage für mehr Investitionen in Erneuerbare ist notwendig und gut, aber nicht gut genug. Um die Risiken eines Scheiterns zu minimieren, brauchen wir stabile, vertrauenswürdige Partnerschaften. Darauf habe ich auch zusammen mit Fatih Birol, dem Chef der Internationalen Energieagentur, und EZB-Präsidentin Christine Lagarde in einem gemeinsamen Artikel hingewiesen.
Erstens stellen Partnerschaften sicher, dass die Kosten des Klimawandels und der Nutzen der Klimawende fair geteilt werden. Das bedeutet beispielsweise, ärmeren Ländern bei der Klimaanpassung zu helfen. Multilaterale Entwicklungsbanken, auch die EIB, tun bereits das Ihre und erfüllen ihre Zusagen für Klimafinanzierungen, sogar früher als geplant. Wir sehen auch ermutigende Zeichen, dass die reichen Länder endlich dem Ziel nahekommen, jährlich 100 Milliarden US-Dollar für das Klima zu mobilisieren.
Aber wir müssen noch viel mehr Geld aufbringen, für Anpassungsprojekte und um den Wohlstand, den Investitionen in saubere Energie schaffen, zu teilen. Mit anderen Worten: Klima und globale Entwicklung sind in der Politik nicht getrennt zu betrachten, sondern als Teil eines schlüssigen Gesamtrahmens.
Das ist nicht nur eine Frage nobler Absichten. Beim Klimawandel sitzen wir alle im selben Boot: Die ganze Welt braucht Anreize und Mittel, Netto-Null zu erreichen. Sonst gehen die Emissionen weiter, und ein überhitzter Planet wird weiter Konflikte schüren und die Nahrungs- und Wasserknappheit, die Migration und soziale Unruhen verschärfen.
Die richtige Regulierung
Zweitens brauchen wir ein stabiles und effizientes Regelungsumfeld, das Mittel konsequent von fossilen in saubere Energien lenkt. Dazu zählen auch Anreize und Finanzierungen für innovative Technologien in schwer zu dekarbonisierenden Sektoren. Die EIB will auf dem Gipfel in Dubai konkrete Maßnahmen ankündigen, mit denen wir solche spannenden neuen Technologien fördern. Ärmere Länder werden wir nur dann davon überzeugen, fossile Energien aufzugeben und erneuerbare auszubauen, wenn die Technologien dafür bezahlbar sind. Also müssen die Kosten nach unten gehen.
Die EIB will Finanzierungslücken schließen, die häufig durch regulatorische Unsicherheit entstehen. Allzu oft wird die Klimapolitik zum billigen Sündenbock gemacht und kurzfristigen politischen Vorteilen geopfert. Das bremst Investitionen und nimmt den Märkten die Sicherheit und Klarheit, die wir für den Erfolg brauchen.
Die Verantwortlichen in der Politik müssen den Mut haben, zu ihren Entscheidungen zu stehen – auch dem einstimmigen Bekenntnis der EU zu Netto-Null. Entgegen populistischen Parolen und Fake News ist nicht der Klimaschutz schuld an unserer wirtschaftlichen Misere und den stark schwankenden Lebensmittel- und Energiepreisen. Schuld sind vielmehr unsere Abhängigkeit von Öl und Gas und der Klimawandel. Wenn wir das nicht klarstellen, kann der Widerstand den grünen Deal aus der Bahn werfen oder zu einer Hängepartie machen, für die unser Planet keine Zeit mehr hat.
Und schließlich brauchen wir eine angemessene CO2-Bepreisung, damit bezahlt, wer die Umwelt belastet. Die Investitionsumfrage 2023 der EIB zeigt, dass fast zwei Drittel der europäischen Firmen schon jetzt klimabedingte Schäden und Verluste erleiden. Das bedeutet: Emissionen verursachen Kosten, für die bislang nicht bezahlt wird.
Bleiben Sie dran
Unser CO2-Emissionsbudget ist begrenzt und schwindet rapide. Fossile Energien sind nur deshalb noch immer im Rennen, weil wir ihren Erzeugern erlauben, diese begrenzten Ressourcen kostenlos zu nutzen. Das geht zulasten heutiger und künftiger Generationen und bringt Erzeuger erneuerbarer Energien in einen Wettbewerbsnachteil – auch Europas Clean-Energy-Champions und kleine und mittelgroße Innovatoren.
Der diesjährige Weltklimagipfel muss uns also dahin bringen, dass private Investoren, Staaten und multilaterale Institutionen endlich eine Partnerschaft aufbauen, um die Finanzierung und alle anderen Formen der Unterstützung für fossile Brennstoffe zu beenden. Das ist die Messlatte für den Erfolg. Denn fossile Energien vergiften unseren Planeten, schaffen toxische Abhängigkeiten und sind bald technisch veraltet und nicht mehr wettbewerbsfähig.
In den nächsten Wochen stellen wir konkrete Initiativen vor, die zeigen, dass es einen besseren Weg gibt – für unsere Volkswirtschaften und unsere Kinder, für Europa und die ganze Welt. Bleiben Sie dran!