Besserer Kreditzugang für Agrarunternehmerinnen in Malawi

Unternehmerinnen in Malawis Landwirtschaft

Joyce Banda gründete 2017 mit WiJays einen Agrarbetrieb, der Waschmittel und Seifen herstellt und seine Rohstoffe von Bäuerinnen aus der Region bezieht. Im Juni 2023 gewann ihr Unternehmen, das die gesamte Produktionskette nach dem Konzept der Kreislaufwirtschaft organisiert und Partnerschaften mit dem Großhandel und mit Supermärkten eingeht, den Jury-Preis bei der Pitch Night in Mzuzu, einer Stadt im Norden Malawis.

„Das war eine großartige Erfahrung für mich, denn die Schulungen waren super hilfreich. Dort habe ich Anregungen bekommen, wie ich eine Reihe von Dingen besser organisieren kann – vom Informationsmanagement über die Finanzen bis hin zum Marketing. Außerdem konnte ich nützliche Kontakte knüpfen“, sagt sie.

Einer davon ist die Verbindung zu ihrer jetzigen Bank, der First Capital Bank Malawi, die Banda beim Devisenbedarf für Investitionen in neue Maschinen und den Ausbau ihrer Fabrik geholfen hat.

Solche Pitch Nights sind Teil des „Kulima Access to Finance“-Projekts, einer Initiative, mit der die Europäische Investitionsbank (EIB) und die Europäische Kommission im Rahmen der Investitionsplattform für Afrika kleinen und mittleren Agrarunternehmen in Malawi einen besseren Zugang zu Finanzierungen ermöglichen. Dabei liegt ein besonderer Fokus auf Betrieben, die von Frauen geführt werden. So wurden bei drei Pitch Nights insgesamt 45 Frauen geschult.

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Joyce Banda, Moa Westman, Cheryl Karim (Copyright EIB)

Banda war eine von 15 Unternehmerinnen, die bei einem viertägigen Bootcamp zum einen gelernt haben, wie sie ihr Unternehmen gegenüber Investoren besser verkaufen, und zum anderen Schulungen zu Klimaschutz, Geschäfts- und Finanzmodellen absolvierten. Fünf von ihnen traten bei der „Boosting WomeninAg“-Pitch-Night in Mzuzu gegeneinander an. Alle Teilnehmerinnen haben in Peer-to-Peer-Gesprächen Feedback erhalten und Erfahrungen ausgetauscht.

„Der ‚Boosting WomeninAg‘-Pitch war für uns sehr hilfreich“, sagt Steve Harawa, Senior Trade Finance Manager bei der First Capital Bank in Malawi. „Dadurch hatte die Bank Gelegenheit, Frauen kennenzulernen, die vor Ort etwas sehr Konkretes bewirken. In meinen Augen haben alle Teilnehmerinnen gewonnen. Die Projekte, die sie vorantreiben, sind überaus bedeutend, und es war für uns ein echtes Aha-Erlebnis, dass so viele Frauen Großes bewegen; deshalb wollten wir mit möglichst vielen von ihnen zusammenarbeiten.“

Ellen Gunda gewann ein Jahr zuvor bei einer anderen „Boosting WomeninAg“-Pitch-Night in Blantyre im Süden Malawis sowohl den Publikums- als auch den Jury-Preis. Gunda gründete 2012 Fortune Gardens Investment, ein Unternehmen, das Snack-Erdnüsse und ungeschälte Erdnüsse herstellt und an Händler in Malawi und Zimbabwe verkauft. Fortune Gardens Investment beschäftigt sieben Vollzeitangestellte, mehr als 100 Zeitarbeitskräfte und kooperiert mit über 9 000 kleinen Agrarbetrieben, um die Nachfrage decken zu können. Darüber hinaus produziert das Unternehmen zwei Sorten Bohnen und will in die Produktion von Erdnussbutter einsteigen.

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Ellen Gunda (Copyright EIB)

„Beim Bootcamp habe ich gelernt, mein Unternehmen gegenüber Investoren in wenigen Minuten selbstbewusst zu präsentieren. Außerdem habe ich eine Finanzmanagement-Schulung bekommen und erfahren, wie ich einen Businessplan erarbeiten und vorstellen kann“, sagt Gunda.

„Durch die Pitch Night hat sich für mich vieles geändert“, sagt die Unternehmerin. „Die Veranstaltung wurde ja in ganz Malawi ausgestrahlt. Das war eine gute Werbung, und ich war danach mit einer Flut von Kundenanfragen konfrontiert. Davon abgesehen habe ich durch die Pitch Night erkannt, dass ich mein Unternehmen besser auf Investoren ausrichten musste.“

Der Kontakt zu den Coaches und Banken von der Pitch Night ist bestehen geblieben, und so spricht Gunda aktuell mit der Ecobank Malawi über einen Kredit.

George Phuza, Head of Commercial Banking der Ecobank Malawi, bestätigt: „Der Boosting-WomeninAg-Pitch war für die Ecobank Malawi überaus wertvoll. Dadurch haben wir erfahren, was Unternehmerinnen brauchen und wie wir unsere Lösungen darauf ausrichten können. Wir sind mit allen Teilnehmenden weiterhin in Kontakt und unterstützen jetzt einige von ihnen.“

Geschlechterkluft beseitigen

Die Landwirtschaft ist in Malawi für 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verantwortlich und für 70 Prozent der Arbeitsplätze; der Großteil davon ist der informellen Wirtschaft zuzurechnen, und in vielen Fällen sind es Frauen, die dort arbeiten.

Frauen reinvestieren bis zu 90 Prozent des Gewinns in ihr Unternehmen und in ihre Familie, das heißt in Lebensmittel, Gesundheit und Schulbildung; damit tragen sie zur Ernährungssicherheit bei und verringern die Armut.

Trotzdem werden die meisten Unternehmerinnen beim Zugang zu Agrarflächen, Arbeitsplätzen, Wissen, Dünger und dem besten Saatgut benachteiligt. Dadurch haben sie es schwerer, die Produktivität zu steigern und Kredite zu erhalten.

Markus Schulte, Investment Officer bei der EIB, hat mit Finanzinstituten und der EU-Delegation in Malawi über Optionen gesprochen, kleine Agrarbetriebe mit Krediten und Schulungen zu unterstützen.

„Die Banken verweisen auf einen Mangel an langfristiger Finanzierung, der ihre Möglichkeiten einschränkt, Kredite für langfristige Investitionen zu vergeben. Außerdem hatten sie eigentlich kein Interesse an solchen Kreditnehmerinnen, weil es häufig an Sicherheiten fehlt und der Agrarsektor ein hohes finanzielles Risiko birgt – vor allem durch klima- und wetterbedingte Unwägbarkeiten. Dies hat uns veranlasst, eine Risikoteilungsfazilität zu entwickeln, um lokale Banken zu ermutigen, Kredite an Agrarbetriebe zu vergeben, insbesondere an Frauen“, sagt Schulte.

Als EIB-Gender-Expertin Moa Westman vom „Kulima Access to Finance“-Projekt hörte, zögerte sie nicht lange.

„Als ich das Projekt sah, war ich sofort überzeugt davon, dass die EIB damit wirklich etwas bewegen kann, denn ich kenne die Geschlechterkluft im Agrarsektor in Malawi“, sagt Westman.

Bevor sie zur EIB wechselte, hatte Westman an einer Studie mitgewirkt, die die Kosten der geschlechtsspezifischen Produktivitätsungleichheit im Agrarsektor in Malawi, Tansania und Uganda quantifizierte. 

Diese Untersuchung zeigt: Das Beseitigen der Geschlechterkluft im Agrarsektor würde in Malawi den Ernteertrag um 7,3 Prozent steigern, die Wirtschaftsleistung um 100 Millionen US-Dollar pro Jahr erhöhen und 240 000 Menschen aus der Armut befreien.

„Wir haben ein Paket geschnürt, um den Banken die Kreditvergabe an Unternehmerinnen zu erleichtern und die Frauen bei der Expansion zu begleiten. Es ist eine echte Kombination aus Krediten und fachlicher Unterstützung in Form von Schulungen, Tipps für den Investorenpitch und Networking“, sagt Westman. Im Rahmen des Kulima-Projekts stellte die EIB Durchleitungsdarlehen von 25 Millionen Euro bereit, die zu gleichen Teilen zwischen der First Capital Bank Malawi und der Ecobank Malawi aufgeteilt wurden. Die Darlehen, die mit einer EU-Garantie unterlegt waren, erfüllen die Kriterien der 2X Challenge, einer Initiative, die als globale Benchmark für Finanzierungen mit Genderfokus dient.

„Vor unserer Partnerschaft mit der EIB standen frauengeführte Unternehmen bei uns nicht im Mittelpunkt. Aber die Kooperation mit der EIB hat uns die Augen geöffnet. Die Kreditvergabe an Frauen ist profitabler, denn bei Frauen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie ihre Rückzahlungen reibungslos leisten und die Diversität in ihren Unternehmen fördern. Darüber hinaus wissen wir, dass wir mit Krediten an Frauen auch der Gesellschaft helfen, denn Frauen, die Geld verdienen, kümmern sich um ihre Familien“, sagt Steve Harawa von der First Capital Bank Malawi.

George Phuza fügt hinzu: „Die Zusammenarbeit mit der EIB hat sich für die Ecobank Malawi als überaus vorteilhaft erwiesen. Sie hat uns sehr dabei geholfen, Initiativen mit sozialer Wirkung auf den Weg zu bringen, zum Beispiel Ellevate, unser Finanzierungsprogramm für Unternehmen, bei denen Frauen im Mittelpunkt stehen.

Tipps für angehende Unternehmerinnen

Das Gute am Agrarsektor, sagt Banda: Es gibt jederzeit die Möglichkeit, zu expandieren. Man kann als Anbaubetrieb starten und später etwa in die Verarbeitung von Agrarrohstoffen einsteigen.

„Gründerinnen sollten das Unternehmerische ernst nehmen, die richtigen Kontakte knüpfen, sich betriebswirtschaftlich weiterbilden und ihren Betrieb professionell führen“, sagt Banda. 2023 erhielt sie auch den Most Gender-Focused Entrepreneur Award der Leading Women of Africa. Dahinter verbirgt sich eine gemeinnützigen Organisation, die Programme, Workshops, Masterclasses und Veranstaltungen für Frauen in Afrika anbietet.

Es sei unerlässlich, Systeme und Strukturen aufzubauen und das persönliche Einkommen von den Ressourcen des Unternehmens klar zu trennen, sagt sie.

„Interessentinnen sollten mit der Gründung nicht zögern, denn der Markt ist da“, rät Ellen Gunda. „Die Menschen brauchen jeden Tag etwas zu essen, deshalb ist das ein profitables und nachhaltiges Geschäft. Ein Agrarunternehmen erfordert eine eingehende Analyse der Wertschöpfungskette und Fachwissen im Bereich der Herstellung und Verarbeitung von Lebensmitteln.“

Die „Kulima Access to Finance“-Investition ist Teil des 111 Millionen Euro schweren „Kulima Promoting Farming in Malawi“-Programms, das von der Europäischen Kommission verwaltet und in Zusammenarbeit mit der Regierung von Malawi entwickelt wurde. Dieses Programm zielt darauf ab, mit klimaintelligenten Agrartechnologien die Produktivität und Diversifizierung in Malawis Agrarsektor zu verbessern und sowohl die Agrarwertschöpfungskette als auch die Einkommenschancen im ländlichen Raum zu verbessern. Die Frankfurt School of Finance and Management unterstützte die EIB beim Programm für technische Hilfe.