Wie ein italienischer Unternehmer mit energieeffizienter Elektronik große Mengen an CO2 sparen könnte

Igor Spinella war schon als Kind ein Tüftler. Während andere Kinder mit ihren Spielzeugen spielten, nahm er lieber Elektrogeräte auseinander. Als seine Eltern einmal vom Pilzesuchen aus den Wäldern der Emilia Romagna zurückkamen, lösten sie prompt den Einbruchsalarm aus, den ihr achtjähriger Sohn gebastelt hatte.

„Ich war ein eigenartiges Kind. Jeden Nachmittag saß ich in der Garage meiner Eltern an meinen Erfindungen“, erinnert sich der heute 40-jährige Spinella. 2012 gründete er sein eigenes Elektronikunternehmen, Eggtronic, das schon mehr als 240 Patente angemeldet hat.

„Wie für viele andere Start-ups war die Coronakrise ein schwerer Schlag für uns“, sagt Spinella. Zum Glück kam die Europäische Investitionsbank dem Unternehmen zu Hilfe. Mit einem Kredit von 15 Millionen Euro aus ihrem Covid-19-Sicherheitsnetz, dem Europäischen Garantiefonds. Das Geld will Eggtronic in die Erforschung und Entwicklung von Produkten stecken, die Europa bei seinen Klimazielen helfen könnten.

In Europa sind die Chancen innovativer Unternehmen auf Wachstumsfinanzierung oft schlechter als in den USA oder Asien. Hier will die EIB helfen. Fabrizio Morgera, der den Kredit bei der Europäischen Investitionsbank betreut hat: „Eggtronic macht wirklich innovative Produkte, und das in einem Bereich mit enormem Potenzial.“

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© Eggtronic

Igor Spinella, Gründer und Chef des Elektronikunternehmens Eggtronic

Energieeffiziente Elektronik – der unsichtbare Freund und Helfer

Das Herz vieler Elektrogeräte ist die sogenannte „Leistungselektronik“. Sie steckt in Netzteilen, Stromrichtern, Elektroautos, Fernsehern, Smartphones, Kreditkartenlesern, Rechenzentren, Smart Grids und vielem mehr.

Was steckt dahinter?

Die Leistungselektronik steuert und regelt über Schalter – sogenannte Transistoren – den Stromfluss, damit Elektro- und Elektronikgeräte mit Strom versorgt werden. In einer Waschmaschine steuert sie etwa, wie schnell und in welche Richtung sich die Trommel dreht, oder wann Wasser fließt und wann nicht. Das große Problem jeder Elektronik sind allerdings Leistungsverluste. Sie entstehen vor allem als Schaltverluste an den Transistoren.

„Die Leistungselektronik ist quasi der unsichtbare Freund und Helfer, der die Welt zum Laufen bringt“, sagt Spinella.

Um möglichst energieeffiziente Geräte zu bauen, haben die Tech-Unternehmen in den letzten Jahrzehnten die herkömmlichen Siliziumtransistoren in ihren Schaltkreisen ausgetauscht. Die neuen Schalter aus Galliumnitrid sind schneller, sodass die Wärmeentwicklung sinkt. Allerdings sind sie auch teurer als ihre Vorgänger aus Silizium.

Eggtronic hat das Thema Leistungselektronik von Grund auf neu gedacht und die Schaltverluste noch weiter reduziert. Seine neue Architektur ist damit noch leistungsfähiger: Mit Silizium arbeitet sie so gut wie herkömmliche Schaltungen aus Galliumnitrid. Mit Galliumnitrid ist sie dagegen dreimal so effizient.

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Die drahtlosen Ladegeräte von Eggtronic erreichen eine Effizienz von bis zu 95 Prozent, während herkömmliche Ladegeräte mit Kabel 70 Prozent schaffen

Kabellos und energieeffizient – das freut Mensch und Umwelt

Mehr Leistung und weniger Energieverluste bedeuten kleinere Geräte. Eggtronic kann also genau da auftrumpfen, wo es auf Größe und Effizienz ankommt: vom Ladegerät für das Smartphone oder den Laptop bis zu Stromrichtern für Elektro- und Hybridfahrzeuge.

Wegen ihrer hohen Energieeffizienz hat die Technik von Eggtronic eine wesentlich bessere CO2-Bilanz. Spinella rechnet vor: „Wenn unser Netzteil für Fernseher der neue Standard wäre, würden wir über 40 Millionen Tonnen CO2 sparen. Das wären fast 600 Millionen Bäume pro Jahr. Und mit jedem Eggtronic-Gerät sinken die CO2-Emissionen weiter.“

Auch beim drahtlosen Laden ist Eggtronic führend. Auf den flachen, drahtlosen Ladegeräten des Unternehmens können Smartphones in jeder Position geladen werden – und das extrem effizient. So erreichen die Geräte von Eggtronic eine Effizienz von bis zu 95 Prozent, während herkömmliche Ladegeräte mit Kabel 70 Prozent schaffen.

Ein hartes Stück Arbeit

Hinter jedem Patent des Unternehmens steckt ein hartes Stück Arbeit. Als Spinella seine Garagenfirma gründete, machte er alles selbst, von der Reinigung bis zum Vertrieb. Drei Jahre später hatte er dann ein Lagerhaus, 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und die ersten Patente eingereicht. Vor allem ließ er sich von der Skepsis vieler interessierter Investoren nicht beirren. Sie glaubten nicht, dass ein junger Mann in seiner Garage in Modena zu so bahnbrechenden Erfindungen fähig ist.

Aber Spinella zeigte es ihnen. Er revolutionierte den Markt für Leistungselektronik. Das machte Rinkelberg Capital auf das Unternehmen aufmerksam. Das Family Office der TomTom-Gründer aus den Niederlanden beteiligte sich 2019 an Eggtronic. Aber dann, als Spinella mit seinem Unternehmen gerade dabei war, seine Präsenz im Verbrauchelektronikmarkt auszubauen, kam Corona.

„Wir sind auf Kurs geblieben“, sagt er. „Mit dem EIB-Kredit können wir den Blick jetzt wieder in die Zukunft richten.“